Webfont-Services sind die Tools der Stunde für typografisch anspruchsvolle Webdesigner. Da Safari und Chrome noch mit einer echten Webfont-Unterstützung à la EOT und WOFF auf sich warten lassen (für beide Formate bieten erste Schrifthersteller Lizenzen an), sind es diese Online-Dienstleister, die innovativen Webdesignern die langersehnte Fontvielfalt ermöglichen.
Ich habe einmal alle verfügbaren Services zusammengetragen. Dabei habe ich sowohl die jeweiligen Konditionen und Varianten der Preisbildung als auch die Anzahl und Qualität bzw. Bedeutung der einzelnen Foundries aufgelistet. Falls Dollarpreise angegeben wurden habe ich sie zur besseren Vergleichbarkeit in Euro umgerechnet, jeweils einheitlich auf das Jahr bezogen.
Technisch bauen die meisten Dienste auf reine CSS-Lösungen, manche auch mit Unterstützung von JavaScript. Für den Webdesigner ist das aber, wie ich finde, nicht wirklich relevant. Daher bleiben nähere Erläuterungen hierzu aus. Wichtig: Die Reihenfolge spiegelt meine Einschätzung der Relevanz des jeweiligen Webfont-Services wieder. Die ergibt sich aus meinem Eindruck von der Akzeptanz der Anwender, der Qualität und Quantität der teilnehmenden Foundries und Fonts, der Innovationsgeschwindigkeit und dem möglichen Zukunftspotenzial des Services. Zum großen Teil also recht subjektive Einschätzungen, über die man natürlich streiten kann.
Typekit
- Rund 70 kleine bis große Foundries und Schriftgestalter (z.B. FontFont, Underware, Veer, T-26, Type Together, Suitcase, Porchez, PSY/OPS, P22, Delve, Bitstream) mit fast 500 zeitgenössischen Fontfamilien, teilweise optimiert für die Bildschirmdarstellung
- Berechnung nach Pageviews im Monat, pro Jahr, pro Website, pro Font
- 4 Preisstufen: von kostenlos (2 Fonts, 25.000 Pageviews/Monat, 1 Website, Werbeplakette bedingt, Zugriff nur auf Trial Library) bis 80€ (∞ Fonts, 1 Mio PV/M, ∞ Websites, Zugriff auf komplette Bibliothek)
Google Font Directory
- 16 Schriftgestalter (z.B. Yanone, James Grieshaber, Steve Matteson, Friedrich Althausen) mit 18 Fontfamilien, die alle unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht wurden
- Komplett kostenlos
Monotype – Fonts.com
- 17 kleine bis große Foundries (z.B. ITC, Monotype, Linotype, Neufville, URW++, Fonthead, CastleType) mit rund 7.000 Fonts jeder Art und Qualität
- ∞ Websites, pro Font, genauere Berechnungsgrundlagen noch unbekannt, da …
- …derzeit Public Beta und daher kostenlos, jedoch wird auf der eigenen Website Werbung eingeblendet
Typotheque
- Nur Typotheque-Fonts (etwa 30 zeitgenössische Familien)
- Bis zu 500 MB Traffic im Monat, ∞ Domains, pro Font
- einmalig fällige Lizenzgebühr von 18 bis 24 Euro, je nach Sprachumfang
Fonts Live, Ascender
- 2 kleine und 3 große Foundries (Ascender, Microsoft, Monotype, Bigelow & Holmes, Font Company) mit ca. 200 Schriftfamilien (viele leicht angestaubte Designs)
- Berechnung nach benutzter Bandbreite pro Monat, Abrechnung pro Jahr, pro Website, pro Font oder pro Familie
- 4 Preisstufen: von 8€ (für 1GB Bandbreite/Monat) bis 55€ (18GB)
Fontdeck
- 9 kleine und mittlere Foundries (Colophon, Chank Co., exljbris, Fonthead, Insigne, Outras Fontes, Parachute, URW++, Veer) mit fast 100 Schriftfamilien (zum Großteil weniger zeitgemäße Designs)
- Berechnung pro Jahr, pro Website, pro Font
- zwischen 5€ und 9€, während des Designprozesses kostenlos
WebINK, Extensis
- 8 mittlere Foundries (DaltonMaag, exljbris, Mark Simonson, P22, Porchez, ShinnType, Type Together, URW++) mit rund 1.500 Fonts (überwiegend interessante, zeitgemäße Designs)
- Berechnung nach benutzter Bandbreite pro Monat, Abrechnung pro Monat, bis zu 4 Websites, pro Font
- 5 Preisstufen und 3 Nutzungsebenen (nach Anzahl und Qualität der Fonts) kombiniert: von 12€ (für 1GB Bandbreite/Monat) bis 240€ (80GB)
- Funktioniert auch offline mit Suitcase Fusion WebINK
Just Another Foundry
- 5 Just-Another-Foundry-Schriftfamilien
- Berechnung pro Jahr, pro Domain, pro Familie
- 19€ (limitiert auf 2GB Bandbreite/Monat)
TypeFront
- Möglichkeit des Hostings eigener Fonts mit entsprechender Lizenz
- Berechnung nach Seitenaufrufen pro Tag, Abrechnung pro Monat, ∞ Domains, pro Font
- 3 Preisstufen: von kostenlos (für 1 Font, 500 Seitenaufrufe/Tag) bis 120€ (∞ Fonts, 20.000 SA/T)
Kernest
- fast 200 kleine und mittlere Foundries und Schriftgestalter (Yanone, The League Of Moveable Type, Stereotypes, SIL International, Ralph du Carrois, ParaType, Mark Simonson, Greater Albion Typefounders, Bitstream, …) mit mehreren Hundert Fonts (v.a. Free Fonts)
- Berechnung nach benutzter Bandbreite pro Monat, Abrechnung pro Jahr, pro Website, pro Font oder pro Familie
- zwischen kostenlos und 12€ (für 1GB Bandbreite/Monat) bis 55€ bzw. 83€ (18GB)
Fazit
Typekit ist der Platzhirsch im Webfont-Business. Mit ihrer bisher bewiesenen Innovationsfreude haben sie sich frühzeitig auf dem Markt positioniert und sind den Konkurrenten immer eine Nasenlänge voraus, auch weil denen bis dato kein wirkliches Wechselargument eingefallen ist. Typekits guter Draht zur Web-Szene und zu Branchenriesen wie Google oder Twitter ist zudem ein idealer Weg, um sich dem für Schriftenhersteller neuen Kundenkreis zu nähern – den Webdesignern – und flexibel auf deren Anforderungen zu reagieren.
Einen guten Eindruck hinterlässt auch das neue WebINK, welches ich mir langfristig neben dem Monotype- und nach dem Google-Modell mehr oder weniger gleichauf als Alternative vorstellen kann. Allerdings sorgt hier das grundsätzlich gut gemeinte aber doch komplizierte Abrechnungsmodell für Verwirrung und könnte sich negativ auf den Erfolg des Services von Extensis auswirken. Interessant dürfte auch der in den nächsten Wochen verfügbare Service von MyFonts sein, aber auch das von Font Bureau, Ascender, Peter van Blokland und DevBridge geplante Webtype wird das Kundeninteresse auf sich lenken, verfolgen die beteiligten Parteien doch erfahrungsgemäß hohe Qualitätsziele.
Bleibt noch die Frage nach der generellen zukünftigen Bedeutung der Webfont-Services. Wird sich nach der zu erwartenden breiten Browser-Unterstützung von WOFF ein solcher Service überhaupt noch lohnen? Welchen Mehrwert müssen die Dienstleister dann bieten als nur das Liefern von Webfonts? Wer jetzt nicht schon entsprechend plant wird es in ein bis drei Jahren sicher schwer haben. Bis dahin dürfen sich Webdesigner weiterhin aus einem bunten (und wachsenden) Angebot an verschiedenen Services mit unterschiedlichen Konditionen und Bibliotheken bedienen und der typografischen Einöde im Netz ein Ende bereiten.